Maike Hempel

TV-Fürchterlich

Himmel, bin ich fernsehgefrustet! Das ist doch alles nur noch erschreckend, was da so läuft.

Während die Sender so tun, als würden wir doofen Zuschauer genau das sehen wollen, was sie uns anbieten, weiß doch jeder, dass die einfach nur Kohle scheffeln. Die Devise scheint zu lauten her mit Wiederholungen und kostengünstigem Schrott. Dabei kann ich mich nicht mal ausführlich über diese ganze Scripted Reality Kacke aufregen, die angeblich aus dem wahren Leben gegriffen sein soll. Das tut beim zufälligen Reinzappen so dermaßen weh, dass ich gleich weiterzappen muss, weil mich der Geräuschpegel der sich stetig überschreienden Stimmen – von meiner Muttersprache, die völlig verzerrt und verstümmelt an mein Ohr dringt, will ich hier nicht einmal anfangen – in den Wahnsinn treibt. Diese Produktionen kosten nix, der Sendeplatz ist vergeben und einem neuen Spielfilm, mit teuren Schauspielern, und hinter dem ein guter Drehbuchautor steckt, ist man nonchalant aus dem Weg gegangen.

Früher hieß es im Spaß „komme ich dann in Fernsehen?“ Oh Mann, diese damals witzige Frage ist grausame Realität geworden.

Da dieses Phänomen einem Virus gleicht, der sich von einem Sender zum nächsten ausbreitet und die sonderbarsten Früchte trägt, kann man eigentlich zappen so viel man will, ein Ausweichen ist schier unmöglich geworden. Menschen, Tiere & Doktoren wetteifern mit mieten, kaufen, wohnen und Christopher Posch, der sich für unser Recht einsetzt. Während sich die Nachbarn im Nachbarschaftsstreit angiften, was das Zeug hält, sucht der Bauer eine Frau, eine Schwiegermutter findet doch noch eine Schwiegertochter fürs gepamperte Söhnchen, und ein Glücklicher kommt endlich raus aus seinen Schulden.

Hätte mir jemand vorausgesagt, dass ich einen Werbebreake mal als erholsam empfinden würde, ich hätte ihn glatt für verrückt erklärt. De facto genieße ich heute die Normalität dieser Spots. Da treffe ich auf ganz gewöhnliche Menschen. Die schreien nicht rum, handeln wie du und ich, furzen nicht vor laufender Kamera, wie in mancher Livesendung. Und da ist auch kein Dieter Bohlen, der die Flüssigmargarine kommentiert. Dem Fernsehgott sei Dank!

Womit wir schon beim nächsten Thema wären: Wie viele Staffeln von Deutschland sucht den Superstar, X Factor und Supertalent (und vieler Nebenergüsse dieses Genres) müssen wir noch ertragen, bis die Nation endlich in kollektives Kotzen ausbricht? Oder würden unter Umständen vielleicht nur einige weitere der schier unzähligen Kochshows diesen Effekt beschleunigen?

Wie oft will man uns noch – feierlich und als wäre es das Highlight des Jahres – die gefühlt einhundertste Wiederholung von Harry Potter andrehen? Auf die Wiederholung der Wiederholung des allseits beliebten Indiana Jones oder Krokodile Dundee, folgt die Wiederholung von Die Säulen der Erde – lange nicht gesehen – auf Der Herr der Ringe fast schon zwangsläufig auch auf dem nächsten Kanal die erneute Wiederholung von Harry Potter.

Womit sich der Kreis schließt und ich laut schreien möchte. Doch mir bleibt der Schrei im Hals stecken, als ich bei Raumschiff Enterprise lande, nachdem mir klar geworden ist, dass ich auch den Tatort spät abends auf dem Ersten schon mehrfach gesehen habe, so oft, dass selbst ich mich genau erinnere, wer der Mörder ist. Allem Anschein nach gibt es aus diesem Teufelskreis kein Entrinnen.

Allerdings, und das möchte ich an dieser Stelle wirklich voller Dankbarkeit erwähnen, verwöhnt man uns bei diesen Endloswiederholungen immerhin mit Top-Schauspielern, da sollten wir schon dankbar sein. Hinter den Drehbüchern stecken echte Meister ihres Fachs und wenn einer schreit, liegt das in der Handlung begründet. Es bleibt also, trotz der Überausstrahlung seitens der Sender, ganz großes Kino, auch wenn ich es bald auswendig kenne.

Apropos großes Kino, Krieg der Sterne sehe ich mir in der nächsten Wiederholung auf jeden Fall noch einmal an. Das ist ja visionär, was da vor all den Jahren über die Leinwand in unsere Wohnzimmer gebeamt worden ist. Groß war das Lob für so viel Phantasie, von der wir dachten, sie könne nie und nimmer Realität werden. Tatsächlich reicht ein kurzer Abstecher in die täglichen Nachrichten, um festzustellen, dass Jabba sich unauffällig längst in die Seele mancher Politiker gefressen hat.

Nein, es ist wirklich auffallend. Man muss nur mal richtig hinschauen. Wer erst hinter die Fassade dieser Jabbas aller Couleurs und Parteien gesehen hat, dem fällt es wie Schuppen von den Augen. Den Blick wie verdauende Rindviecher geradeaus gerichtet, käuen sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit den gleichen Quark in die Mikrophone der Sender wieder, als würde die Wahrheit ihrer nichtssagenden Aussagen durch stetige Wiederholung glaubhafter werden. Mit blutunterlaufenen Tränensäcken und dem obligatorischen Doppelkinn, das bei jedem ihrer sorgfältig gewählten Worte im Takt der synchronisiert wirkenden Mundbewegungen hüpft, wiederholen auch sie in einer Endloswiederholungsschleife immer den gleichen nebulösen Mist, der sich meinem Verstehen oft gänzlich entzieht.  Gut, ganz so fett wie Jabba sind sie noch nicht, aber sie arbeiten dran.

Bleiben noch die Soaps, deren Handlung – gut – absolut vorhersehbar ist. Und nein, so geht richtiges Leben nicht, das dürfte klar sein. Immerhin sind die Texte flüssiger geschrieben, als die meisten Reden im deutschen Bundestag  und jeder Regisseur würde sich die ständig wiederkehrenden ähs und öhs unserer Berliner Protagonisten mit Androhung von Neubesetzung verbieten. Na, das wär´s doch mal, nee?

So besehen erfüllen Soaps heute zu tage fast so etwas wie einen Bildungsauftrag, wer hätte das je für möglich gehalten?

Gut, so viel für jetzt, ich begebe mich vor die Nachrichten. Vielleicht hat sich ja längst auch Gollum in die Berliner Podiumswiederholung geschlichen, und den möchte ich auf gar keinen Fall verpassen …

Eine Antwort zu “TV-Fürchterlich”

  1. Bin gerade am herumzappen und bleibe bei Daniela Katzenberger hängen, weil ansonsten Dienstagabends tote Hose im deutschen Fernsehen angesagt ist….übrigens im französischen ist es auch nicht viel besser. Kann ich es zugeben? Ich fand …Betonung liegt hier auf fand und nicht finde…die Frau mal erfrischend lustig. „Sei schlau stell Dich „dumm, ist ihr Motto und ist wohl mittlerweile zum Leitgedanken der deutschen Fernsehkultur geworden. Das hast Du sehr treffend beschrieben. Hoch lebe der Kindle kann ich da nur sagen. Ich gehe jetzt ins Bett und ziehe mir im warmen kuschligen Bett, die spannenden Storys rein, die man für wenig Geld aber dafür mit hohen Niveau en masse zu lesen bekommt.

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