Maike Hempel

Zwerg Gurke – Leseprobe

Ein Märchen (nicht nur) für kranke Kinder
Von Mama für Motte

Die juckenden Dinger

Kim räkelte sich unter der warmen Bettdecke und schlug die Augen auf. Schon im nächsten Moment war sie hellwach. Sie sprang aus dem Bett und lief barfuß ans Fenster, um die Vorhänge zurück zu ziehen. Hurra! Der Schnee war liegen geblieben. Immer noch fielen große weiße Flocken vom Himmel.

Schon öfter hatte es in diesem Winter geschneit, aber der Schnee war immer geschmolzen. Heute jedoch bedeckte er die umliegenden Häuser und die Bäume, so dass es aussah, als läge alles unter einer dicken Schicht Zuckerwatte.

Kim freute sich riesig, zog ihren roten Bademantel über den bunt geringelten Schlafanzug und schlüpfte in die Hausschuhe. Endlich konnte sie mit ihren Freunden einen richtigen Schneemann bauen!

Aber was juckte da auf ihrer Nase? Und auch auf der Stirn?

Seltsam. Sollten das Mückenstiche mitten im Winter sein?

Egal, dachte Kim und hüpfte gut gelaunt über die Spielsachen, die noch von gestern auf dem Fußboden lagen, öffnete die Kinderzimmertür und ging durch den schmalen Flur in die Küche, wo ihre Mutter gerade den Frühstückstisch deckte.

»Guten Morgen«, rief Kim, als sie hereinkam und gab ihrer Mama einen Kuss.

»Guten Morgen mein Schatz!«, lachte ihre Mutter.

»Hast du schon gesehen? Der Schnee ist liegen geblieben!«, rief Kim aufgeregt und kratzte sich am Kinn.

»Ja«, antwortete die Mutter und sah zu ihrer Tochter herüber. »Was hast du denn da im Gesicht?« fragte sie erstaunt und blickte besorgt auf Pusteln, die sich von der Stirn über die Wangen, bis über den Hals ausgebreitet hatten.

»Oh, Kim! Hoffentlich hast du dich nicht bei Annika angesteckt. Die hat doch gerade die Windpocken.«

Kim bekam einen riesigen Schreck. Windpocken? Wo sie doch heute mit den anderen Kindern im Schnee verabredet war!

»Nein, Mama, mir geht es prima!«, versicherte sie zuversichtlich und setzte sich an den Tisch. »Gibst du mir bitte eine Scheibe Brot herüber, ich muss mich doch beeilen, weil ich raus in den Schnee will.«

Doch Ihre Mutter legte die Hand auf Kims Stirn und schüttelte den Kopf. »So leid es mir tut, mein Herz. Das geht nicht!«, sagte sie streng. »Wir gehen nach dem Frühstück erst zum Kinderarzt. Ich glaube du hast sogar Fieber.«

Kim verzog das Gesicht. »Oh, nein. Mama, bitte! Wir wollen doch einen Schneemann bauen. Papa hat mir extra seinen alten Hut geschenkt damit er auch richtig echt aussieht. Das wäre wirklich gemein!«

Aber alles Betteln half nichts. Kim musste sich nach dem Frühstück warm anziehen, und dann fuhren sie direkt zum Kinderarzt.

Der war sonst eigentlich ganz nett, nur heute mochte Kim ihn überhaupt nicht leiden, weil er mit wichtiger Miene erklärte: »Du musst brav im Bett liegen bleiben und darfst auf keinen Fall an diesen juckenden Dingern kratzen, hörst du? Mit Windpocken ist nicht zu spaßen! Ich werde dir eine Creme verschreiben. Tut mir leid, kleine Dame — aber Schnee hin wie her, krank ist krank.«

Das war ja wohl obergemein! Die anderen Kinder durften im Schnee tollen, und sie sollte im Bett liegen? Mama war doch sonst nicht so streng. Aber heute war überhaupt nicht mit ihr zu reden. Alles betteln half nichts, und als sie wieder zu Hause waren, ließ sich Kim mürrisch ins Bett bringen.